Avatar-basierte VR-Unterstützung in Beratung, Coaching und Therapie

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Avatar-VR

Virtuelle Räume spielen eine immer größere Rolle in Aus- und Weiterbildung sowie Trainings. Doch auch in der Beratung und im Coaching, online wie offline, sowie in der Therapie wächst die Bedeutung dieser Form der Mediennutzung. Die Avatar-basierte VR-Unterstützung spielt dabei eine immer größere Rolle und gewinnt zunehmend an Popularität, indem sie zusätzliche Ressourcen bei Klienten freilegt und die Grenzen traditioneller Methoden erweitert.

Avatar-basierte VR-Unterstützung in Beratung, Coaching und Therapie

Die Einsatzfelder der Avatar-basierten VR-Unterstützung sind vielfältig. Sowohl innerhalb der Beratung, wie auch in Therapie und Coaching suchen sich Klienten in Problemsituationen professionelle Hilfe. Die Avatar-basierte Unterstützung in virtuellen Räumen offenbart dabei neue Wege, um traditionelle Behandlungs- und Beratungsmethoden zu unterstützen und zu optimieren.

Die Möglichkeit in Form eines Avatars im virtuellen Umfeld zu interagieren und dadurch eine netzbasierte Kommunikation zu eröffnen kann zwischen Berater und Klienten neue Arbeitsmethoden eröffnen. Dank dem Spiel mit den Identitäten können innerhalb eines Therapie-, Beratungs- oder Coaching-Settings neue Explorationsmöglichkeiten und Gestaltungsspielräume entstehen, welche gegebenenfalls auf zusätzlichen freigeschalteten Ressourcen basieren. Zudem können derzeitige Therapie- und Beratungsmethoden mithilfe der digitalen Beratung optimiert werden.

Damit dieses spezielle Vertrauensverhältnis auch in digitaler Form in einer virtuellen Umgebung funktioniert, werden Vertrauen, soziale Präsenz, Repräsentation und ein Faktor von Immersion vorausgesetzt.

Ein Avatar ist hierbei mit einem imaginären Gefährten gleichzusetzen, welchem innerhalb der Entwicklungs- und klinischen Psychologie häufig bei Kindern entwicklungsfördernde Funktionen, Aktivierung von Selbstheilungskräften und Kompensation von Defiziten im Beziehungsbereich und bei der Impulskontrolle zugeschrieben werden. Dank der Individualisierungsmöglichkeiten bei der Erstellung des Avatars entsteht zudem eine Symbolfunktion für das eigene Ich, wodurch eine Verbindung zwischen realer und digitaler Welt entsteht. Dies eröffnet unter anderem die Inszenierung von Rollenspielen innerhalb der therapeutischen bzw. Coaching-Settings.

Avatar-Second-Life
Avatare in Second Life

Des Weiteren erhalten die Klienten die Möglichkeit, an ihrer eigenen Persönlichkeit zu arbeiten, indem sie in einem geschützten Bereich neue Eigenschaften austesten und sich ausprobieren. Dank der freien Anpassungsmöglichkeiten des Avatars können nicht nur Äußerlichkeiten nach freiem Belieben verändert werden, sondern auch defizitäre oder negative Eigenschaften durch unter anderem soziale Kompetenzen in Probe ersetzt werden.

Der Avatar dient also als Repräsentant für den Nutzer, wodurch eine Identifikation zwischen beiden stattfindet. Durch die Kommunikation in Ich-Form wird dieser Umstand zusätzlich verstärkt. Er taucht in Form des Alter Egos immersiv in die Umgebung ein und erlebt diese hautnah. Zu beachten sei hier, dass dadurch körperliche Signale, wie Mimik und Gestik teilweise außen vor gelassen werden.

Besonders im Setting einer Beratung oder eines Coachings befinden sich die Akteure automatisch innerhalb eines sozialen Kontexts, welcher stets intersubjektiv definiert wird. Das Aufeinandertreffen zwischen Klient und Berater innerhalb der virtuellen Umgebung kann daher dafür sorgen, diesen Umstand gezielt hervorzuheben und das Verhalten entsprechend auszurichten.

So können innerhalb eines abgesicherten Bereichs Reize angeboten werden, indem spezielle Situationen simuliert werden. In einer Studie aus dem Jahr 2014 von Hone-Blanchet, Wensing und Fecteau wurde der Einsatz von Virtual Reality bei der Therapie von alkohol- und drogenabhängigen Patienten getestet, indem diese den suchterzeugenden Reizen in digitaler Form unter gesicherten Bedingungen ausgesetzt wurden. Die Ergebnisse waren vielversprechend und könnten im Rahmen der Konfrontationstherapie Einsatz finden, ähnlich der Behandlung von Flugangst.

Möchte man nun einen Berater-Avatar für die Hilfe von Klienten konstruieren, so muss dieser, im therapeutischen Sinne, eine geeignete Projektionsfläche darstellen sowie den Beziehungsaufbau zwischen den beteiligten Akteuren gewährleisten. Er muss Empathie und Wertschätzung vermitteln und zudem authentisch sein. Nebenbei ist eine immersive sowie atmosphärische Umgebung nötig.

Dadurch wird den Hilfesuchenden innerhalb der Virtual Reality Unterstützung sowie Ermutigung zum Ausprobieren verschiedener Identitäten gegeben. Und auch die Reduzierung von Hemmschwellen wird entsprechend ermöglicht, um ungenutzte Potenziale zum Vorschein zu bringen und etwaige verschwiegene Persönlichkeitsanteile auszuprobieren.

Stand der Forschung

In der Forschung wurden bereits diverse Untersuchungen und Experimente zur Avatar-basierten Beratung, Coaching und Therapie in virtuellen Räumen durchgeführt.

So untersuchten bereits die Universität Freiburg und die Universität Zürich die Wirksamkeit virtueller Räume auf das Erleben sowie die Übertragbarkeit von virtuell gemachten Erfahrungen in die Realität (Scheel et al. (2012)). Innerhalb eines simulierten Notfallszenarios wurden psychische sowie physiologische Belastungsreaktionen untersucht. Das Ergebnis: ein Nachweis über eine subjektive wie physiologische Veränderung durch Stressinduktion im virtuellen Szenario und damit der Nachweis über einen wirksamen Einsatz in Notfallsituationen. So setzt auch das Kinderkrankenhaus in Los Angeles auf die erfolgreiche VR-Ausbildung in Notfallsituationen.

Auch Freedman et al. (2015) untersuchte den Einsatz der VR zur Prävention von posttraumatischen Belastungsstörungen. Innerhalb der Studie begeben sich Therapeut und Klient gleichzeitig in eine virtuelle Umgebung. Die ausgewählten Versuchspersonen zeigten nach Verkehrsunfällen erste Symptome einer möglichen Belastungsstörung. Innerhalb der VR wurden ihnen Bilder, Videos und 3-D-Sounds gezeigt, um eine mögliche Verschlechterung des Symptombildes zu vermeiden bzw. zu reduzieren. Dank der niedrigen Kosten und der zunehmenden Wirksamkeit dürfte ein möglicher Einsatz zur Prävention und Intervention auch in der Praxis in den kommenden Jahren umsetzbar werden.

Image courtesy: University of Washington / Dessault Systémes

Auch das Unternehmen Dassault Systémes entwickelt bereits VR-Erfahrungen zur Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen, Phobien und weiteren psychischen Krankheitsbildern.

Die Avatar-basierte VR-Unterstützung muss sich zwar noch einiger Forschungsarbeit unterziehen, könnte sie in Zukunft die Arbeit von Therapeuten, Beratern und Coaches dank verbessern und deutlich optimieren.

(Quellen: Bredl, Klaus / Bräutigam, Barbara / Herz, Daniel (2017): Avatar-basierte Beratung in virtuellen Räumen: Die Bedeutung Virtueller Realität bei helfenden Beziehungen für Berater, Coaches und Therapeuten.

Scheel et. Al (2012): Psychophysiologische Belastungsreaktivität nach einem simulierten Feuer in einer Parkgarage. In: Zeitschrift für klinische Psychologie und Psychotherapie.

Scheel et. Al (2012): Psychophysiologische Belastungsreaktivität nach einem simulierten Feuer in einer Parkgarage. In: Zeitschrift für klinische Psychologie und Psychotherapie.

Freedman, S. A., Dayan, E., Kimelman, Y. B., Weissman, H., & Eitan, R. (2015): Early intervention for preventing posttraumatic stress disorder: an Internet-based virtual reality treatment. In: European Journal of Psychotraumatology, Ausgabe 6. Dassault Systémes)

Last modified: 1. Juli 2020

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